Ruhige Tage

06.09.2022 Kobe

Was ist passiert seitdem wir unseren Campingausflug abgebrochen haben? Nicht viel, was sich gut erzählen lässt. Wir haben uns mit mehr Freunden von Tobias getroffen und haben den Sonntag gut beim Pen and Paper via Internet verbracht.

Leider nicht besonders nennenswert war der Besuch Sonntagvormittag im Botanischen Garten Okayamas. Was wir hingegen empfehlen können: Der Ausblick. Der Garten ist an einem Hang empor gebaut und enthält an einem der höheren Punkte einen schöne Aussichtsplattform.

Der Blick vom Botanischen Garten aus nach Okayama

Am Montag ging es für uns weiter mit dem Zug nach Kobe. Obwohl wir vor 4 Jahren schon einmal hier waren, habe ich nur wenig wiedererkannt. Es scheint als wäre die Stadt weiter gewachsen und bunter geworden. Vielleicht hat Okayama auch einfach meine Vorstellung der japanischen Städte gestört.

Den Abend und Nachmittag verbrachten wir mit einer weiteren Komilitonin von Tobias inklusive einem sehr wenig deutschen Besuch in einem deutschem Restuarant. Es gab „Kartoffel-Würstchen-Salat“ und eine „Frankfurter Wurst“ mit Dijon Senf und Salsa.

Den nächsten Tag schauten wir uns im Meriken Park um. Meriken ist dabei eine Ableitung von „American“ und ist eine Erinnerung an die Öffnung des Hafens (maßgeblich durch die Amerikaner begleitet) 1868.

Dieses Skulptur „Bell of Hortensia“ erinnert an die Normalisierung der diplomatischen Beziehungen zwischen China und Japan

Es fanden sich auch ein Denkmal verschiedener älterer Filmstars und der sehr bekannte Schriftzug „BE KOBE“ am Hafen wieder.

„BE KOBE“

Vor dem warmen Wetter fliehend besuchten wir das Maritime Museum und (gleich angeschlossen) das Kawaski Museum. Während es in ersterem um die Geschichte des Hafens und die heutige Funktionsweise ging, ging es in letzterem vor allem um die unterschiedlichen Maschinen von Kawasaki. Von den ersten Schiffen, über den ersten Industrieroboterarm bis hin zum Shinkansen und den bekannten Motorrädern.

Nach einer ausgiebigen Mahlzeit ging es schließlich zum Denkmal des Erdbebens von 1995. Bei diesem kamen mehr als 4500 Menschen allein in Kobe ums Leben und es richtete verheerende Schäden in der gesamten Stadt an. Viele bis dahin als erdbebensicher geltende Gebäude wurden zerstört.

Das Mahmahl besteht aus einem Stück Straße, welche dem Erdbeben zum Opfer gefallen war.

Mission abort

02.09.2022 Okayama

Am letzten Augusttag packten wir unsere Sachen und trafen uns mit Komilitonen von Tobi am Bahnhof. Mit Zug und Bus ging es etwa eine Stunde raus aus Okayama nach Ushimado und von dort aus weiter mit der Fähre auf eine nahe Insel namens Maejima. Nach weiteren guten 20 Minuten Fußmarsch erreichten wir unser Ziel: Einen kleinen Campingplatz am Meer.

Drückende Hitze und knallende Sonne sorgten dafür, dass als das Zelt endlich stand ein jeder durchgeschwitzt war. Es folgte ein Bad in dem sehr warmen Meer ehe uns die Realität einholte: Wir brauchten noch Abendessen. Also schnell umziehen und dann geht die Hälfte wieder zurück den ganzen Weg zur Fähre – denn auf der Insel gab es nichts großartiges zum Einkaufen (außer einer kleinen Hütte, in der man ein wenig Gemüse auf Vertrauensbasis erwerben konnte).

Diese kleine Krabbe war der Meinung uns, den Rückweg verspererren zu wollen.

Also mit der Fähre zurück nach Ushimado, dort schnell in den örtlichen Conveniencestore – denn etwas anderes hatte nicht mehr offen. Und schließlich mussten wir die nächste Fähre auf die Insel erwischen oder wir würden gestrandet sein.

Der Abendhimmel von Ushimado aus gesehen.

Zurück ging es dann in absoluter Finsternis zum Lager. Dies war – glaube ich – die einzige Situation, in der wir von Japanern angehalten wurden, lauter zu sein. Wir sollten uns laut den Ortsansässigen auf dem Rückweg zum Campingplatz möglichst laut und mit viel Licht unterhalten – denn auf der Insel sollte es nur so vor Wildschweinen wimmeln.

Die Jungs, welche das Zelt bewachten, hatten ein Lagerfeuer entzündet und es folgten unsere traurigen Versuche bei Feuerschein mit einem schlechten Grill und einem kleinen Gaskocher etwas zu Essen zuzubereiten (und irgendwer war auf die Idee gekommen, dass man doch vor dem Essen schonmal anstoßen könnte). Nachdem der schlimmste Hunger gestillt war wurde es Zeit fürs Bett.

Leider waren die Temperaturen nach wie vor sehr hoch und mit 5 Leuten in einem Zelt entwickelte sich das Ganze eher zu einem unfreiwilligen Saunabesuch, was dem Schlaf nicht unedingt dienlich war. Dies war der Punkt, wo wir uns entschieden nicht noch drei weitere Tage zu bleiben, sondern vorzeitig abzubrechen. Insbesondere, da die Temperaturen an diesem Tag einmal mehr stiegen und man die Wahl hatte zwischen Sonnenstich und Sonnenbrand oder Hitzschlag im Schatten des Vorzeltes.

Wir verließen also die Gruppe vorzeitig – allerdings nicht ohne gemeinsam vorher noch ein Frühstück beim örtlichen Bäcker abzuholen.

Die Bäckerei Obst in Ushimado.

Tobi und seine Komilitonen waren begeistert. Ein Bäcker mit einem deutschen Namen! Die wildesten Träume der Langzeitanwesenden wurden erfüllt: Roggenbrot und Brezeln – und zwar mit einer richtigen Kruste und eigenem Geschmack.

Als wir unser Frühstück vor dem Bäcker verspeisten, erschien eben jener aus dem Hinterzimmer und fragte, ob wir aus Deutschland kämen. Scheinbar hatten die Mitarbeiter dem Chef gesagt, dass wir gerade Brot gekauft haben und er musste natürlich fragen, wie wir sein Brot finden. Scheinbar war der Mann 2010 in Hamburg und hatte von dort ein paar Rezepte mitgebracht. Tobis Komilitone – welcher selbst in Deutschland gern sein eigenes Brot backte – verbrachte daraufhin die nächsten Minuten mit Fachsimpeleien über Brot verstrickt (was insofern lustig war, dass sich die beiden natürlich auf Japanisch unterhielten, aber zwischendrin immer wieder das Wort „Sauerteig“ fiel).

Wir verabschiedeten uns schließlich und fuhren zurück nach Okayama, wo uns die Ausläufer eines Taifuns erwarteten: Strömender Regen und Sturm. Unverzagt ging es durch den Regen zu einem Ramenladen und anschließend ließen wir den Tag bei einem Bier ausklingen.

Der nächste Tag begann mit Katastropheneinschätzung. Schließlich soll der Taifun uns hier noch ein wenig beschäftigen. Unverzagt (und mit Regenponchos ausgestattet) ging es zunächst frühstücken im Zentrum und anschließend schländerten wir die lokalen Einkaufsmeilen entlang. Das Wetter zeigte sich derweil wieder von seiner netten Seite, so dass wir es jetzt wagen, Wäsche nach draußen zum Trocknen zu hängen.

Eine der Einkaufsstraßen („Shoutengai“) Okayamas.

Jetzt genießen wir zwei der berühmten Okayama Pfirsiche und werden den Tag damit zubringen, zu entspannen und die nächsten Ausflüge zu planen.

Dieser „kleine“ Pfirsisch hat uns rund 3€ gekostet (was für Japan vergleichsweise günstig ist)

Alltag

31.08.2022 Okayama

Was haben wir seit dem Matsuri getan? Eigentlich nicht viel. Ausschlafen, Besorgungen erledigen, Wäsche waschen. Ein wenig Alltag. Wir haben viel geredet und einfach ein wenig entspannt.

Einen nicht geringen Teil haben wir auch darauf verwendet, uns auf das nächste Abenteuer vorzubereiten, was heute startet. Wir werden uns also vermutlich bis zum 3.9. erstmal nicht melden, aber danach werden wir natürlich berichten.

Abseits davon haben wir uns gestern abend mit Tobias´ Komilitonen und seiner japanischen Freundin getroffen. Sie wollten eine der besten Burger-Ketten in Japan ausprobieren (eine der besten Burger-Ketten laut Japanern).

Dieser Burgerladen bot Burger nicht etwa als Burgerboulette in einem Brötchen an, sondern die Burgerboulette separat, daneben etwas fein geschnittener Salat (dieser aber mit Mayo) und natürlich Reis.

Ich entschied mich mutig zu sein und bestellte etwas saisonales, was so ungewöhnlich klang, dass ich es probieren musste: einen Burger mit einem Ei Benedict oben drauf.

Burger mit Ei Benedict, Salat und Reis

Also abgesehen davon, dass ich jetzt der festen Überzeugung bin, dass man mit nur einem Gericht einen Herzinfarkt auslösen kann, war es ziemlich gut.

Campen und Matsuri

28.08.2022 Kibichuo

Nach der letzten Reise ließen wir es gestern etwas ruhiger angehen und widmeten uns dem Ausschlafen.

Am frühen Nachmittag trafen wir uns mit einem Komilitonen von Tobias und seiner Freundin. Gemeinsam ging es mit dem Bus raus aus Okayama nach Kibichuo, denn dort sollte ein Matsuri (also ein Volksfest) stattfinden. Da uns unser Gepäck noch ein wenig schwer erschien, war der erste Halt an einem japanischen Campingplatz. Hier hatten wir uns einen Bungalow gemietet.

Beim Betreten des kleinen Holzhauses erahnten wir Übles. Es war ein japanischer Bungalow; Auf einem japanischen Campingplatz. Also … es war Strom vorhanden… und vor dem Bungalow war ein Spül-/Waschbecken (für den man einen extra Vierkantschlüssel bekommen hatte, um ihn aufzudrehen) und es gab einen Tisch … . Dem geneigten Leser wird nun an dieser Stelle auffallen, dass wir etwas sehr entscheidendes nicht genannt haben: Betten. Wie es sich für japanisches Camping gehört war auf dem Boden schlafen angesagt. An dieser Stelle wäre hilfreich gewesen, wenn wir uns darauf entsprechend vorbereitet hätten – so standen wir nur mit einem Bettlaken, was der Schlafsack bei den aktuellen Temperaturen war, im Raum.

Wir beschlossen dies als ein Problem für später und vor allem eines, was wir nicht so einfach lösen können, zu erklären. Wir ergaben uns also unserem Schicksal und wandten uns zunächst dem Grund für unseren Besuch zu: Dem Matsuri.

Ähnlich wie ein Straßenfest in Deutschland fallen zunächst Essensstände auf. Besonderes skuril fanden wir als Deutsche, dass die Bratwurst (natürlich mit dem Bunsenbrenner nachgebräunt) auf einem Holzspieß serviert wurde. Beschriftet war das Ganze mit „Frankfurter“ – aber Tobi meinte, dies sei die beste (Brat-)Wurst, die er hier bisher gegessen hatte. Schließlich wurde laut Schild am Stand die gute Qualität der Wurst von der örtlichen Agrarbehörde gelobt.

Nach einer kleinen Aufführung der örtlichen Gruppen und Vereine stand dann endlich die Hauptattraktion an: Hanabi – also Feuerwerk.

Hier [YouTube] findet ihr einen kurzen Abschnitt der 30-minütigen Show. Dafür, dass wir hier auf dem absoluten Land in Japan waren, mussten wir sagen: Nicht schlecht. (Umso trauriger erscheint in diesem Rahmen das Feuerwerk zum Neujahr am Brandenburger Tor.)

Zurück auf dem Campingplatz erwartete uns – wie befürchtet – eine harte Nacht, aber aus dieser Erfahrung werden wir hoffentlich lernen. Für das Hanabi war es das aber allemal wert.

Den nächsten Tag begannen wir noch mit einer kleinen Erkundung des Campingplatzes – denn dieser lag an einem kleinen Fluss/Bach entlang. Wenn man entsprechend ausgestattet ist (was die anwesenden Japaner im Gegensatz zu uns waren), kann man sich das als wunderschönen Ort für ein paar Tage ausspannen sehr gut vorstellen.

Dies ist der Fluss, wenn man ihm ein paar Minuten weg vom Campingplatz folgt.

Für uns hieß es allerdings wieder Abschied nehmen und zurück zu unserer Unterkunft in Okayama – wir freuen uns auf ein weiches Bett!

Nachtigallen im Tempel

26.08.2022 Hamamatsu

Nachdem der letzte Tag recht anstrengend und lang für uns alle war, trafen wir uns heute erst halb 11 mit Airi am Busbahnhof. Von dort aus ging es mit dem Bus eine Stunde weiter zum Ryotanji – einem berühmten Tempel in Hamamatsu.

Den Erzählungen nach geht dieser Tempel bis in das Jahr 733 zurück und ist der Ursprungsort der Ii-Familie, welche die Region rund 600 Jahre lang regierte. Auch heute noch werden die Toten der Ii-Familie, welche auf dem Friedhof des Tempels liegen, hier gewürdigt.

Ein Teil der Gräber der Ii-Familie

Für die weniger im Shinto-Glauben gefestigten Menschen ist der Tempel vor allem für seinen wunderschönen Garten und seinen Nachtigallen-Boden in der Haupthalle bekannt.

Die Haupthalle, gesehen von Nio-mon, dem zweiten Tor des Tempels aus

Der Nachtigallen-Boden besteht augenscheinlich nur aus langen Kiefernbrettern. Allerdings ist der Boden derart gearbeitet, dass es beim Betreten ein singendes Geräusch gibt, was einer Nachtigall ähneln soll. Der Legende nach war diese Konstruktion eine Sicherheitsmaßnahme gegen unerwünschte Eindringlinge.

Ein Panorama des Ryotanji Garten

Nach einer längeren Pause im Garten (insbesondere aufgrund der brennenden Sonne um die Mittagszeit) zogen wir weiter in ein kleines japanisches Restaurant. Mithilfe von Airi fanden wir eine leckere Mahlzeit bestehend aus einer dampfenden Nudelsuppe (Soba bzw. Udon; kein Ramen). An dieser Stelle waren wir beide sehr dankbar für Airis Hilfe beim Übersetzen der Speisekarte.

Nach einer langen Fahrt zurück ins Stadtzentrum und noch etwas gemeinsamen Lachen und Reden geht es nun für uns auch mit dem Shinkansen zurück nach Okayama und von dort aus dann wieder ins nächste Abenteuer.

Hier könnte Ihr Fuji stehen

24.08.2022 Hamamatsu

An diesem Tag ging es mit dem Zug morgens nach Hamamatsu, eine Komolitonin von Tobi besuchen. Hamamatsu liegt etwa 450km von Okayama entfernt – wir sind 2h mit dem Shinkansen unterwegs.

Airi holt uns am Bahnhof ab und gemeinsam geht es als erstes in die Burg von Hamamatsu. Leider wurde diese derzeit restauriert, sodass wir die ehemalige Burg Tokagawa Ieyasus, der mit einer Statue im Burghof gewürdigt wurde, nicht in ihrer vollen Schönheit bestaunen konnten .

Hungrig und von der Sonne getrieben gab es anschließend Pancakes und nach einem kurzen Check-In ins Hotel ging es zur letzten Station dem Museum für Musikinstrumente in Hamamatusu, die Stadt ist nämlich auch der Hauptsitz der berühmten Firma Yamaha.
Wir verabschiedeten den Tag mit einem kleinen Spaziergang durch die Innenstadt.

25.08.2022 Fuji & Fujinomiya

Nach einem Frühstück im japanischen Stil (gebratener Aal auf Reis) ging es los mit der Bahn ein paar Stationen weg vom Zentrum, wo wir uns wieder mit Airi und ihrer Mutter trafen. Zusammen fuhren wir mit dem Auto vorbei an Shizuoka nach Fuji.

Unsere erste Station war der Fujisan Hongu Sengen Taisha Shrine. Hier gibt es einige Quellen, die dem Fuji entspringen und dessen Wasser als heilend und heilig angesehen wird. Früher war es Tradition in diesen Wassern zu baden, bevor man die spirituelle Reise auf den Berg antrat. Heute ist das Baden in dem ohnehin eiskalten Wasser allerdings verboten.

Minamoto No Yoritomo, der erste Shogun Japans, opferte hier seinen Bogen den Göttern. So ist sein Bogen noch heute Bestandteil des Schreins.

Für hübschere Bilder von diesem Schrein muss ich euch leider um Geduld bitten und wieder einmal an Tobias‘ Instagram verweisen, da mir relativ früh der Akku von der Kamera gestorben ist und der Ersatzakku nicht an der Frau war.

Nach einem kurzen Zwischenstopp am Yakisoba-Stand ging es weiter zum Mt. Fuji Heritage Museum. Hier sollte man in einer eher künstlerisch angehauchten Darstellung den Aufstieg zum Fuji nachempfinden (Die Architektur soll übrigens dem auf dem Kopf stehenden Fuji nachempfunden sein.)

Gekrönt werden sollte dieser Anstieg im Inneren des Gebäudes mit einem Ausblick auf den Fuji. Hier nur das Problem: Wie Sie sehen, sehen Sie nichts. Der Fuji ist einmal mehr scheu und versteckt sich hinter den sich immer bedrohlicher zusammenziehenden Wolken.

Unverzagt ging es weiter zu den Shiraito no Taki Wasserfällen. Diese werden direkt von Wassern des Fuji gespeist, welches zwischen den erstarrten Schichten aus Lava den Berg herunterfließt.

Vor dem Regen fliehend ging es abschließend zurück mit dem Auto nach Hamamatsu zu einem Essen mit Airi und ihrer Mutter. Bei Bier und Gyoza ließen wir den Tag ausklingen.

Interessanter Punkt am Rande: Tobias meinte immer, zwar sind in Japan die Leute klein, dafür die Insekten (und Spinnentiere) aber riesig. Nachdem ich heute im feuchten Klima der Wasserfälle besonders viele Krabbeltiere entdecken durfte, muss ich sagen: Ja, das stimmt.

Diese Libelle erwieß sich als besonders zutraulich und gestattete mir eine Nahaufnahme.
Der Körper dieser Spinne war so groß wie ein Fingerglied!

Getting close again

Es ist März 2022. Tobi hat endlich die Möglichkeit sein Auslandsjahr anzutreten. Große Tränen und später auch großes Bangen, bis Japan endlich seine Visumsvorschriften lockert. Dann endlich: notwendige Formulare ausfüllen, zur Botschaft fahren, bangen – bis ich schließlich mein Visum in den Händen halte um ihn zu besuchen. 

Paris 21.08.2022 9:30 Uhr

Die Nacht war kurz – aber ich hätte auch so nicht viel geschlafen. Es geht endlich nach Japan. Endlich Tobi wiedersehen.

2:45 Uhr hat der Wecker geklingelt, 3:15 Uhr wurde ich abgeholt und von den Schwiegereltern zum Flughafen gebracht (vielen Dank noch einmal an dieser Stelle!). Anschließend langes Anstehen am Check-In, welcher allerdings erst 4 Uhr begann – für zwei Flüge an denselben Schaltern. Gerade so pünktlich zum Boarding. Take off nach Paris.

So sitze ich 9:30 Uhr in Paris am Flughafen, mit etwas Frühstück und Wasser. Wieder einmal durfte ich feststellen, dass mein Hirn unter Müdigkeit nicht gut funktioniert, weswegen ich mich bei der französischen Dame, welche mir mein Frühstück warm gemacht hat, natürlich stilecht mit „Graciás!“ bedankt habe (Grüße an Mr. Bean [YouTube]).

Highlight war der Vogel, welcher sich versucht hat von dem Kondenswasser meiner Falsche zu ernähren, bis ich mich erbarmt habe und ihm etwas Wasser auf ein kleines Papierchen gemacht habe.

13:30 Uhr war endlich Takeoff in Frankreich. Vor mir lagen 13h Flug nach Osaka. Highlight des Fluges war die Tatsache, dass man zum Abendessen wahlweise Rotwein, Champagner oder – in meinem Fall – einen Becher Misosuppe erhalten konnte.

Ansonsten kann ich nach ausführlicher Testung gegen sowohl die Flugzeuggeräusche als auch gegen das Geschrei von Kindern sehr die Silikon Ohrstöpsel von Oropax empfehlen.

Landung 8:45 Uhr Ortszeit in Osaka. Sim-Karte aktivieren. Aus dem Flugzeug taumeln. Mich durch die Untiefen des Flughafens schleichen um von Mitarbeiter zu Mitarbeiter zu gehen und zu bestätigen, dass ich einen PCR-Test und entsprechende Impfungen vorweisen kann. Insgesamt hat das Einreisen eine knappe Stunde gedauert (alle Formulare hatte ich digital vorbereitet und prüfen lassen), was ein krasser Kontrast zu den Einreisehöllen war, von denen Tobi noch vor ein paar Monaten berichtet hatte.

Anschließend zum Bahnhof und dort ein Ticket für den Zug vom Flughafen in Osaka nach Okayama zu erwerben. Der Mitarbeiter verstand noch, dass ich nach Okayama wollte und druckte mir auch eine entsprechende Verbindung aus, aber dass ich die Tickets dann auch kaufen wollte – dafür musste dann eine Kollegin zum übersetzen geholt werden. Was folgte, war etwas mehr als peinlich anzusehen, da ich scheinbar alles über das Bahnfahren in Japan vergessen hatte und für diesen ersten Zug mehrere verschiedene Menschen ansprechen musste, um den Zug zu finden und die Gates richtig zu benutzen. (Zu meiner Verteidigung: mein Hirn funktioniert unter Müdigkeit immernoch nicht wirklich gut und mittlerweile klappt alles wieder besser 😀 )

Zug Nummer 1 war also erstmal der Expresszug von der Flughafens-Insel (ja der Flughafen in Osaka liegt auf einer eigenen Insel vor Osaka) zum Osaka Hauptbahnhof. Stilecht mit Hello-Kitty.

12:30 Uhr in Okayama ist es endlich soweit: langersehntes Wiedersehen! Trotz des unangnehm warmen und schwülen Wetters war das eine der längsten Umarmungen die wir je hatten.

Zusammen geht es mit dem Taxi zur Unterkunft, Koffer und schweren Rucksack ablegen, ein wenig reden und dann das beste Mittel gegen die Wärme kennenlernen: Shaved Ice. (Effektiv ist es eine Art Kratzeis, was mit Sirup und in diesem Fall mit Milch getränkt wurde)

Weiter geht es damit, das Notwendigste für Frühstück und Abendessen einzukaufen und etwas zu bummeln. Besonders spät wird es nicht mehr; früh fallen uns die Augen zu.

Der nächste Tag fängt dank völlig zerstörtem Zeitgefühl recht früh an. Nach dem Frühstück schauen wir uns gemeinsam Tobis Campus an und noch ein paar Dinge besorgen. Recht unspektakulär war der Tag für den Beobachter, da schließlich auch eine nicht unerhebliche Zeit auf Planung der nächsten Tage und Trocknung der eigenen Körper aufgewendet wurde.

Mein persönliches Highlight des Tages waren übrigens „Stuhlsocken“ 😀

Am Abend schauten wir uns noch die Lichtinstallation im Koraku-en an, einem der drei schönsten Gärten Japans.


Die Bilder von Tobi findet ihr (sobald er sie bearbeitet hat) auf seinem Instagram-Account.

Lag

11.07.2019 20:15 Uhr, Berlin – Deutschland

Zunächst einmal: was ist bisher passiert? Eigentlich nicht viel. Die meiste Zeit verbrachten wir, abgeschottet von moderner Kommunikation, im Flugzeug. Einzig spannend war der Weg zum Flughafen. Genauer gesagt der Weg zum Bus zum Flughafen. Denn für diesen nutzten wir tatsächlich einmal ein Taxi. Taxifahren ist in Japan nicht gerade günstig. Dennoch war es die deutlich bessere Alternative dazu mit den Koffern in der Rush Hour in die sowieso schon immer recht volle U-Bahn.

Also was macht Taxi fahren in Japan so besonders? Zunächst einmal, wie immer, die Freundlichkeit der Leute. Ebenso kleine Besonderheiten, wie zB. dass man die Tür auf keinen Fall selbst öffnet! Entweder der Fahrer übernimmt das persönlich für dich oder es geschieht in den moderneren Taxis auf Knopfdruck. In einem moderneren Taxi darf natürlich ebenso die Unterhaltung nicht fehlen: es findet sichein Touchpad am Sitz des Beifahrers, welches in unserem Fall durchweg japanische Werbung abspielte.

Der Langstreckenflug – dieses Mal durchgeführt von ANA – war im Vergleich zum Hinflug super entspannt. Mehr Beinfreiheit und mit Abstand das beste Sicherheitsvideo, welches wir bisher gesehen haben: Youtube.

Zusammenfassend ist und bleibt Japan ein Land der Kontraste. Auf der einen Seite moderne Glas- und Stahlkonstruktionen, auf der anderen Seite (meist liebevoll wieder augebaute) alte Schreine. Der Lärm der Großstadt und mitten drin – wie zum Beispiel im Ostgarten des Kaiserpalastes – plötzlich ziemliche Stille. Das strenge Protkoll der Höflichkeit, aber andererseits Animegetränkeautomaten und kleine Monster auf den Sitzflächen.

Unsere zweite Reise war deutlich kürzer als die erste. Auch entschieden wir uns für einen zweiten Aufenthalt in Tokyo und taten und sahen vieles, was für die meisten jetzt nicht unbedingt zu den japanischen Klassikern gehört. Auch dieses Mal war eine Touristenfalle dabei und die ein oder andere Enttäuschung. Dafür waren unglaublich viele Dinge dabei, die uns sehr positiv überrascht haben, wie zum Beispiel unser Ausflug ins Disneyland, nach Kamakura oder in den östlichen Garten des Kaiserpalastes. Durch fehlendes Umherreisen mit allem Gepäck im Land, war der Aufenthalt an sich entspannter (nicht zuletzt auch dadurch, dass wir sicher Frühstück am nächsten Tag im Hotel hatten).

Insgesamt bleibt es dabei, dass Japan es wert ist, mehrfach besucht zu werden und wir uns auf ein mögliches Wiedersehen freuen.

Abschied

09.07.2019 23:30 Uhr, Tokyo – Japan

Der heutige Tag war ohne Planung: Er sollte genutzt werden, um die letzten Souvenirs zu erbeuten und vielleicht auch, um Dinge nachzuholen, zu denen wir nicht gekommen sind. Insgesamt waren wir aufgrund diverser Gründe leider (wieder einmal) sehr fotofaul.

Los ging es Richtung Shibuya. Dort gibt es einen Laden, welcher eine große Auswahl an japanischer Handwerkskunst behergt und der allein fürs Stöbern und zum Ideen Holen wunderbar geeignet ist. Vor diesem Laden – bzw. vor dessen verschlossenen Türen – stellten wir fest, dass er Dienstags immer zu hat.

Ausweichprogramm war dann die noch recht verschlafene Cat-Street ganz in der Nähe. Diese Straße, welche vor allem durch seinen jugendlichen Flair besticht, bietet allerlei Geschäfte mit hauptsächlich internationaler Ware (meist einer höheren Preisklasse). Aufgrund der recht frühen Uhrzeit (11 Uhr), hatten allerdings viele Geschäfte noch nicht geöffnet und so war es vor allem ein schöner Spaziergang durch die ruhige Gasse.

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Die Cat Street verläuft weit parallel zur Meji-dori-Avenue, um schließlich in diese zu münden.IMG_1885

Unterwegs zum Bahnhof Shibuya begegneten wir diesem Getränkeautomaten. Pikachu ist auch nach 23 Jahren weiterhin der Renner in Japan!IMG_1886

Weiter ging unsere Reise nach Akihabara (ja, dieses Viertel hatte es uns ein wenig angetan). Dort verzockten wir viel Zeit in der Sega-Spielehalle. Besonders beliebt bei uns: Taiko no Tatsujin. Grundsätzlich handelt es sich um ein Spiel, bei dem man nur Trommeln muss. Es gibt starke und schwache Schläge und es ist ein Unterschied, ob man in die Mitte schlägt oder auf den Rand. Wer sehen will wie das ein Profi macht: Youtube.

Wir schlugen uns durch etwas einfachere Lieder und hatten dabei sehr viel Spaß. Besonders beliebt war dabei das Intro von Attack on Titan (hier).

Berühmterweise sahen wir auch einige Profis in den Hallen, wobei wir uns da meist fragten, wie viele Stunden (und wie viele 100 Yen Münzen) es diese Leute gekostet hat so gut zu werden.  Wir jedenfalls scheiterten zum Teil kläglich – aber Spaß gemacht hat es alle Mal!

Nach ein wenig weiterem Herumstromern, verschlug es uns zum Abendessen schließlich in ein Steak-Restaurant nahe dem Hotel. Ja, diese chipsartigen Dinge auf dem Steak sind getrocknete Knoblauchscheiben. Einer von uns beiden wird heute Nacht wohl eher keine Freude haben.

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Insgesamt ein relativ ruhiger und schöner Ausklang. Die letzte Stunde nutzten wir zum Packen und zum Vorbereiten der Abreise, denn morgen früh 6:00 Uhr schon klingelt der Wecker. Dann erwarten uns 12 Stunden Flug nach Düsseldorf und ein Anschlussflug nach Berlin. Erwartete Ankunft: 18:30 Uhr – also werdet ihr wohl etwas länger auf die letzten Worte warten müssen.

Sommer!

08.07.2019 22:30 Uhr, Tokyo – Japan

Heute geht’s –  mit einer guten Wettervorhersage – nach Tokyos Badeort Nummer eins: Kamakura!

Tatsächlich behielt die Wetterfee recht und der Morgen gestaltete sich zur Abwechslung mal trocken und angenehm warm. Wir fuhren mit der S-Bahn raus aus Tokyo nach Kamakura. Von dort ging es weiter mit einer, für japanische Verhältnisse, fast altertümlichen Schmalspurbahn nach Hase (nicht wie der Hase sondern stärkere Betonung auf dem e). Erstes Ziel: der Große Buddha von Kamakura oder Daibutsu mit seinem dazugehörigen Tempel.
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Der Bau des Großen Buddha von Kamakura begann 1252. Ursprünglich befand sich die mit Blattgold belegte Figur in einem Tempelgebäude, welches allerdings dreimal zerstört wurde (1334, 1369 und 1498). Daraufhin ließ man die Statue einfach Wind und Wetter ausgesetzt im Freien stehen. Gegen ein Entgelt von 20 Yen ist der Buddha auch von innen zu besichtigen, wo die Methode zum Fügen der einzelnen Bestandteile der Figur genauer erläutert wird.

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Insgesamt waren wir überrascht, wie klein die Anlage um den Daibutsu war. Also legten wir nur eine kleine Pause ein und dann ging es weiter zum Hase-dera. Hier seht ihr das Eingangstor (Sanmon).IMG_1847

Leider ist es – wie auch in vielen anderen buddhistischen Tempeln – nicht erlaubt das Allerheiligste zu fotografieren. Im Hase-dera ist dies eine 9 Meter hohe Kannon-Statue aus Holz, welche 721 geschnitzt wurde.IMG_1854

Aufgrund der besonderen Hanglage des Tempels hatte man eine wunderschöne Aussicht – bestärkt durch die zum ersten Mal richtig scheinende Sonne.IMG_1856

Zur besseren Aussicht führte natürlich ein kleiner Weg den Hang hinauf.IMG_1858

Uns hat dieser buddhistische Tempel vor allem durch seine liebevoll gestaltete Gartenanlage beeindruckt.IMG_1863

Wie in jedem Tempel oder Schrein ist es auch hier möglich, Gebete zu hinterlassen. Liebe Eileen: das wünschen wir uns auch!IMG_1871

Nach dem Hase-dera ging es weiter nach Enoshima – einer kleinen Insel vor Kamakura. An jeder Ecke gab es frischen Fisch und die Sonne brannte, zum ersten Mal auf dieser Reise, auf der Haut. Aufgrund der fortgeschrittenen Zeit entschieden wir uns gegen einen Aufstieg zum Schrein der Insel. IMG_1875

Der Aufstieg hätte uns insofern interessiert, dass wir hofften den Fuji-san einmal mit eigenen Augen sehen zu können. Aber wie ihr auf diesem Bild seht, oder besser nicht seht, spielte das Wetter eben nicht zu 100% mit. Zweimal in Japan und noch nicht einmal den Fuji-san gesehen. Das ist schon Pech. Aber dort an Horizont ist er…irgendwo….in den Wolken.IMG_1872

Nach unserer Rückkehr nach Tokyo, verschlug es uns in eine Ramenbar (leider sind wir wirklich schlechte Food-Instragrammer, weswegen wir erst nach dem Essen daran denken, dass man hätte Fotos machen können). Nehmt euch in Acht vor kleinen dreieckigen chipsartigen Dingen, die euch zu Essen gereicht werden! Das ist getrockneter Knochblauch und in jedem Fall sollten alle Beteiligten dann davon essen.

Auf dem Weg zum Hotel von der U-Bahn aus begegnete uns diese nächtliche Baustelle. Das Gespräch für die Vorbereitung des Einsatzes stellen wir uns wie folgt vor:

„Ihr arbeitet doch heute Nacht auf einer Baustelle auf der Straße – im laufenden Verkehr, oder?“ „Ja, Chef.“ „Braucht ihr da noch ein paar Warnleuchten?“ „Ja, Chef.“ „Welche hättet ihr denn gerne?“ „Ja, Chef.“IMG_1876

Damit wenden wir beide uns jetzt wieder unserem Sake bzw Bier zu und sind gespannt auf morgen.