Touristentraum und -falle

30.03.2018 23:00 Uhr, Kobe, Japan

Wir sind heute nicht mehr in Tokyo. Unser heutiger Tag begann mit unserem Check-Out von unserem Airbnb. An dieser Stelle noch einmal vielen Dank an Moko, dass sie uns so freundlich bei sich aufgenommen hat und vielen Dank für das fröhliche Bier am zweiten Abend!

Schwer mit unseren Koffern beladen fuhren wir U-Bahn zum eigentlichen Hauptbahnhof von Tokyo. Laut Aussage eines Youtubers dauert es von der Ubahn zum eingentlichen Schnellzug mindestens 15 min – nicht nur weil der Bahnhof riesig ist. Nein, man muss auch ganz schön suchen. Wir haben fast eine halbe Stunde gebraucht.

Aufgrund unseres Vorwissens sind wir natürlich deutlich früher am Bahnhof gewesen – auch um genügend Zeit bei der Auswahl einer geeigneten fertigen Bentobox im Supermarkt zu haben, welche unser Mittagessen im Zug sein würde.

Dann endlich hoch zum Gleis, warten, bis die Servicekräfte den Zug freigeben (ja jeder Zug wird vor Beginn seiner Reise gründlich gereinigt) und einsteigen. Auf in den Shinkansen! Immer wieder streifte eine Zugbegleiterin durch das Abteil, fragte Gäste, ob sie etwas trinken möchten und war zurecht gemacht, wie man es sonst höchstens von Stewardessen kennt. Wann immer sie das Abteil verließ, drehte sie sich in der Tür noch einmal um und verbeugte sich vor allen Fahrgästen, erst dann ging es für sie weiter in den nächsten Wagen.

Unterwegs war leider gar nicht so viel zu sehen, da die Strecke gut befestigt und an langen Strecken mit Schutzdämmen oder -wällen versehen worden war. So konnten wir den im Reiseführer versprochenen Blick auf Fuji-San leider wieder nicht erhaschen. Ebenso spielte natürlich das Tempo mit. Mit dem Auto wären es laut Google 528km. Mit dem Shinkansen schafften wir die Strecke in etwas mehr als drei Stunden. Liebe Deutsche Bahn: lasst euch doch von den Japanern zeigen, wie man Hochgeschwindigkeitsstrecken baut… und Service anbietet.

Dann endlich in Kobe hieß es: Koffer in die Hand und loslaufen. Nach 3h Fahrt entschieden wir uns für rund 40min Fußmarsch durch Kobe. Hier seht ihr die erste Aussicht, welche wir vom deutlich höher gelegenen Bahnhof hatten.IMG_1200

Dann ins Hotel einchecken, Sachen verstauen und wieder losziehen. Schließlich wollten wir heute noch etwas von Kobe sehen und etwas warmes essen. Vom Stadtbild her würden wir Kobe wohl am ehesten mit Berlin vergleichen. Nicht so hoch, nicht so laut, nicht so voll wie Tokyo. IMG_1207

Unser Ziel innerhalb Kobe war Nankin-Machi, Kobes Chinatown. Durch rote Lampions und ein entsprechendes Tor gekennzeichnet leicht zu finden.IMG_1203IMG_1205

Im Zentrum von Chinatown findet sich ein kleiner steinerner Pavillion. Er enthält die Gravierungen der 12 chinesischen Sternzeichen und markiert nicht nur ein kulturelles Zentrum, sondern tatsächlich auch das geografische Zentrum von Nankin-machi.IMG_1204

Während wir durch Chinatown streiften, hungrig und auf der Suche nach einer englischen oder einer bebilderten Karte, wurden wir von einer, im Nachhinein betrachtet, sehr aufdringlichen Frau in ihr Restaurant gelockt. Von Kobe-Rind bis Haifischflosse über Seegurke hätte man für ein kleines Vermögen alles bekommen können. Wir entschieden uns jedoch für eine kleine Portion Krabbenschere und etwas mariniertes Schwein. Während wir uns dort niederlaßen und uns langsam klar wurde, warum der Laden so leer war, wurde ein scheinbar japanisches Touristenpärchen von der Frau ebenso wie wir in den Laden gelockt. Mittlerweile war unser Essen gekommen und man muss zugeben, die Qualität dieses war keiner unserer Kritikpunkte. Allerdings gab es einige Verwunderung, als der Koch (oder Gehilfe oder Kellner oder … was auch immer) den Laden verließ und kurze Zeit später mit einer Portion Gyoza den Laden wieder betrat… und diese Portion dem eben erwähnten Pärchen auf den Tisch stellte. Wir hatten den Herren durch die Tür kommen sehen und begannen darüber zu kichern. Die Japaner begannen scheinbar etwas zu ahnen und als wir schmunzelnd zu ihnen hinübersahen, war auch für die Beiden kein Halten mehr. In diesem Moment waren wir uns wohl alle bewusst geworden, dass wir diesen Laden besser nicht betreten hätten.

Also aufgegessen, Sachen gepackt, mit der Rechnung (ein Zettel auf den alles irgendwie draufgekritzelt war) zur Kasse und zahlen. Der Koch (Gehilfe, Kassierer, Kellner, was auch immer) fing plötzlich an stark nachzudenken, wie viel hatten die europäischen Gäste denn nun zu zahlen? Nach einer Anweisung der Ladenbesitzerin in Chinesisch (die beiden sprachen übrigens auch Japanisch nur mit einem furchtbaren Akzent, den selbst wir nach einer Woche Tokyo hörten und den auch die Japaner etwas befremdlich fanden) begann er eine unglaubliche Zahlenjonglage. 2700 Yen. Für Essen, was nach Karte maximal 1750 Yen gekostet hätte. Wie diskutiert man jetzt mit jemanden, der scheinbar weder Englisch noch Japanisch versteht und uns die Preise nur auf seiner chinesischen Karte zeigt? Macht man sich die Mühe und fängt an zu diskutieren? Murrend und uns ärgernd zahlten wir. Scheinbar kann man auch in Japan abgezockt werden (wenn auch in diesem Fall von einem chinesischen Bistro).